Zukunftsperspektiven

Ich war beim Verfassen des nachstehenden Textes wohl etwas voreilig, doch aufhalten lässt sich die Entwicklung kaum:

So könnte es in einigen Jahren am Bodensee aussehen, es stellt sich nur die Frage: “Wie lange noch?”:

„Hallo Wolfgang, nun hat es endlich geklappt, meine Maschine landet am Freitag 14.30 in Zürich, kannst du mich abholen? Ich würde schrecklich gern am Wochenende mit dir auf den Bodensee gehen, bitte gib mir umgehend Bescheid, ob das geht. Gruß Harald“

Die Antwort per E – Mail ist kurz und bündig:

„Werde pünktlich in Zürich sein, ich freue mich“.

Der Freund hat sich trotz der langen Abwesenheit nur wenig verändert, es gibt viel zu erzählen und bald sind wir am Liegeplatz meines Schiffes angelangt.

„Viel hat sich hier nicht verändert,“ meint Harald, „außer dass die Schiffe immer größer werden und der Hafenmeister ein neues Büro hat. Übrigens, habt ihr keine belegt/frei Schilder mehr?“

„Seit einem Jahr ist das überflüssig, das muss ich dir genau erklären, du wirst staunen.“

Ich hole den Laptop, starte das Bodensee – Navigationsprogramm und beginne zu erklären:

„Du weißt ja, ich war immer ein Computerfan, aber heute hat jeder so eine Kiste an Bord, ohne EDV und Internet geht nichts mehr .Du kannst dich an das alte Kartenplotterprogramm vom Bodensee erinnern, die Beschreibung der Häfen war ja ausgesprochen mager, schau her, ist das nicht ´ne Wucht?“

Auf dem Bildschirm erscheint der Bundesbahnhafen von Konstanz mit allen Details, mit F8 kann ich auf eine Luftbildaufnahme umschalten Google Earth macht´s möglich. Mit einem Klick auf das Lupensymbol erscheint der Liegeplatz F 17 mit allen Details wie Länge, Breite, Tiefgang, Strom- und Wasseranschluss. Mit Alt K öffne ich das Kalendersymbol, das heutige und morgige Datum ist grün angezeigt.

„Der Liegeplatz wäre frei, sollen wir ihn buchen?“

Harald sieht mich fragend an.

„Ja geht denn das?“

„Wenn wir unseren eigenen Platz hier freigeben, ja, sonst ist es wie früher, dann müssen wir zum Hafenmeister gehen und außerdem wird es dann teurer. Wir zahlen alles per Bankeinzug oder Kreditkarte. Du siehst, ich habe bewusst den Platz F 17 angeklickt, er entspricht unserer Bootsgröße und ist mit 1000 Watt abgesichert, so können wir heizen, fernsehen und auch elektrisch kochen. Die Preise sind platzabhängig und nicht wie früher nach den Bootsmaßen berechnet. Am Wochenende ist es teurer und ab 19.00 werden die noch freien Plätze heruntergesetzt. Es ist wie beim Fliegen. Und zum Seenachtfest sind die festen Plätze zumeist für Jahre ausgebucht.“

„Und wie funktioniert das System?“ fragt der Freund.

„Nahezu alle Häfen haben eine eigene Homepage, diese sind über Links mit dem neuen Bodensee – Navigationsprogramm verbunden. Über eine Schnittstelle können GPS, Radar und Autopilot zugeschaltet werden. Wer das Programm gekauft hat, trägt alle seine Daten bei den entsprechen Häfen ein und aktiviert so das automatische Buchungsprogramm. Das ist zwar alles nicht billig, erlaubt uns jedoch, auch in der Hochsaison noch spät einen Liegeplatz zu bekommen. Auch der Hafenbetreiber profitiert davon. Er erreicht eine optimale Auslastung seiner Anlage, bei minimalem personellem Aufwand. Es geht aber noch weiter.“

Unter EXTRAS klicke ich auf KULTURELLES und schon erscheint die Auswahl: OPER THEATER KINO AUSSTELLUNGEN.

„Wenn wir möchten, können wir nicht nur die Programme einsehen, wir könnten auch von hier aus Karten buchen. Dasselbe gilt natürlich auch für Restaurants“.

Unter Restaurants finde ich das Seehaus Siber, kann nach Auswahl der Uhrzeit die verfügbaren Tische einsehen und die Speisekarte studieren.

„Unglaublich“ meint Harald „und wo ist der Pferdefuß?“

„Die Dummen sind die Urlaubsgäste, die am System nicht teilnehmen können, weil sie keine Liegeplätze freigeben können und für die somit das Buchungssystem nicht infrage kommt. Das ist dann wieder wie beim Fliegen auf Warteliste, da heißt es dann vor die Dalben liegen oder ankern. Anfangs wollten die Hafenbetreiber gar nicht ran, Wirtschaftlichkeits- – Berechnungen haben aber gezeigt, dass das Erstellen der Websites und der Kauf der Hard- und Software, sich nach kürzester Zeit amortisiert. Nachdem auch die Preise für die Liegeplätze ausgewiesen sind und der Strom nach Verbrauch abgerechnet wird, kann ich entscheiden, ob ich im teuren Altenrhein mit Kabelanschluss am Liegeplatz oder im Bundesbahnhafen Lindau mit den mageren sanitären Einrichtungen übernachten will.“

„Und was machen wir jetzt?“
 fragt der Freund.

„Meld uns beim Hafen ab und probier mal, was in Meersburg für uns geht und versuch, ob wir in den „drei Stuben“ heute Abend einen Tisch bekommen, das Programm ist so einfach, das kannst du auf Anhieb selbst bedienen.“

Na, vielleicht noch nicht 2005, oder 2010 ganz bestimmt in fünf oder zehn Jahren.

So, oder ähnlich.